2021: Kurzer Rückblick auf ein kurzes Reisejahr

Das letzte Jahr war immer noch geprägt von der Covid-Pandemie und wir mussten unsere Reisepläne dementsprechend anpassen. Im Frühling waren die meisten Länder für Reisende geschlossen oder nur unter erschwerten Bedingungen bereisbar (geschlossene Restaurants) oder die Pandemielage war noch unklar, z.B. in den meisten Ländern Afrikas. Eine längerfristige Planung war nicht möglich, nicht nur wegen der Covid-Situation. Bellazmira quälte seit November 2020 ein zunehmen stärker werdender Schmerz im Rücken. Abklärungen in Las Palmas ergaben, dass dieser sich auf eine Verengung des Spinalkanals zurückführen liess. Erste medizinische Massnahmen zeigten keinen Erfolg. Sicher war also schon früh, dass wir keine grossen Sprünge machen würden, Überseereisen mussten wir  ausschliessen. 

 

 

So flogen wir Mitte Juni für die zweite Corona-Impfung und für weiter medizinische Abklärungen Bellazmiras nach Zürich, welche ergaben, dass sich mit einer Infiltration das Problem behoben werden könnte. Falls nicht, würde ein chirurgischen Eingriff wohl unumgänglich sein. Also liessen wir uns spritzen, ich gegen Covid und Bellazmira zusätzlich mit einer Infiltration Die schmerzstillende Wirkung sollte sich nach ein paar Wochen einstellen.

Das war der Plan:

Wir entschieden uns für  eine  Deutschland/Polen-Reise durch Gegenden, die wir nicht oder nur wenig kannten: Entlang der Ostgrenze durch die "neuen Bundesländer" (ehem. DDR).  Die Ostsee wollten wir meiden, wohl wissend, dass sich im Sommer halb Deutschland dort aufhalten würde. Kreuz und quer durch Polen wollten wir dann südwärts reisen, hatten aber noch keinen detaillierteren Plan. 

 

Uns war bewusst, dass wir bei anhaltenden Schmerzen Bellazmiras  unsere Reise für weitere Behandlungen ab- oder unterbrechen und in die Schweiz zurückkehren würden.

 

 

 

 

 

Unsere erste Station auf dem Weg in den Norden war Fridingen an der Donau, wo wir ein paar ruhige Tage mit unserer Freundin Barbara verbringen durften. Bellazmira - immer noch mit Schmerzen - konnte sich in ihrem Garten gut erholen.

 

Zusammen machten wir aber auch ein paar Ausflüge in die Umgebung, zum Beispiel zum Campus Galli bei Messkirch. Dort wird nach einem nie realisierten Bauplan aus dem 9. Jh., der im Kloster St.Gallen gefunden wurde, seit 2013 dieser Klosterbau mit Materialien und Werkzeugen aus dieser Zeit erstellt.

 

 

 

Einen weiteren Ausflug unternahmen wir auf die Insel Reichenau im Bodensee, wo uns vor allem die romanischen und gotischen Klosterbauten interessierten.

Foto: www.reichenau-tourismus.de

Danach ging die Reise weiter Richtung Nordosten mit einem Unterbruch in Bamberg, einer der schönsten bayrischen Städte. Im gut erhaltenen Dom mit spätromanischen und frühgotischen Elementen finden sich Werke von Tilmann Riemenschneider und Veit Stoss.

 

 

Aber auch für seine guten Bierbrauereien ist Bamberg bekannt.

Unser nächster Halt war Werdau, eine sächsische Kleinstadt, welche das Los vieler anderer Städte der ehemahligen DDR teilt. Nach der Wende begann der Niedergang der Industriestadt, Betriebe wurden geschlossen und viele - vor allem Junge - zogen Richtung Westen, wo eine bessere Zukunft winkte.  Viele Häuser stehen nun leer, sind verrammelt und werden dem Zerfall überlassen. Eine grosse Plattenbausiedlung wurde abgerissen und das Bahnhofsgebäude steht leer. Das Stadtbild wirkt öd und trostlos, aber es zeichnet sich eine Wende ab. Durch Corona ziehen wieder mehr Deutsche aus den Städten aufs Land und so gibt es auch in Werdau wieder Zugüger.

Auf unserer Reise durch die ehemalige DDR sahen wir unzählige verlassene Gebäude und auch riesige Fabrikgelände. Auch in der ehemaligen Sowjetunion zeigt sich das gleiche Bild, vor allem in Armenien.

 

 

 

Hierhin hat es vor ca. 15  Jahren unseren Freund Thomas verschlagen. Er kaufte sich eine ehemalige Methodistenkirche und baute diese mit seinem ausserordentlichenn handwerklichen Geschick und Erfindungsgabe um.

Thomas holte uns am Bahnhof mit seinem gut gepflegten Trabi ab.

Nächste Station: Dresden.

Hier blieben wir eine Woche. Zuerst in der Nähe der Altstadt mit seinen beühmten Bauten Semper Oper (wo wir für "Die Zauberflöte" von Mozart sogar noch kurzfristig Karten bekommen konnten), Zwinger, Frauenkirchen etc...

...danach in der lebendigen,Neustadt mit seinen vielen originellen Kneipen, Läden und Restaurants und einem Hauch von Anarchie.

Nach städtischer Kultur war nun wieder mal Landleben angesagt. Wir mieten ein Auto und fuhren durch die "Sächsische Schweiz" ...

... bis zur direkt an der polnischen Grenze gelegenen Stadt Görlitz, welche bie uns einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterliess. Einerseits eine propere, restaurierte Kleinstadt, die vielen Filmen schon als Kulisse diente und in der man nach dem Niedergang auch "neues Leben" wahrnimmt mit originellen Geschäften und Restaurants mit engagierten Begreiber-/innen.

Entfernt man sich aber nur ein paar hundert Meter vom Zentrum, sieht Görlitz ganz anders aus: Ganze Häuserzeilen sind verrammelt und dem Verfall überlassen. Diese Zustände finden sich zwar in weiten Teilen der ex-DDR, in Görlitz ist der Gegensatz aber besonders augenfällig.


Obwohl uns unsere Reise bisher sehr gefiel, konnten wir sie doch nicht richtig geniessen. Die erhoffte Linderung der Schmerzen Bellazmiras durch die Infiltration trat nicht ein, im Gegenteil. Es fiel ihr immer schwerer, längere Zeit zu stehen oder zu sitzen und sie musste sich in immer kürzeren Abständen hinlegen.

Das sieht zwar locker und entspannt aus, war aber überhaupt nicht.

Wir beschlossen nun, unserer Reise kurzfristig zu unterbrechen, um in der Schweiz mit den Ärzten das weitere Vorgehen zu besprechen. Also flogen wir am 25. Juli von Dresden zurück in die Schweiz.

Nach mehreren Besprechungen entschied sich Bellazmira für eine zweite Infiltration. Dank dem Gastrecht, das wir bei Freunden in einer grossen Wohnung genossen, konnte sich Bellazmira danach auch eine Ruhepause gönnen. Dann setzten wir unsere Reise aber wieder fort, denn Bellazmira fand, ob sie in der Schweiz oder in einem andern Land Schmerzen habe, spiele dann keine Rolle. Wir achteten dann aber darauf, als Rückzugsort für sie,  Apartements oder grosse und komfortable Hotelzimmer zu buchen.

 

 

 

Also machten wir uns am 20. August wieder auf den Weg, natürlich nach Sachsen, denn wir wollten dort weitermachen, wo wie aufgehört hatten. Erste Station war Jena, von wo aus wir Weimar mit seinem grossartigen Bauhaus-Museum besuchten und Naumburg mit dem berühmten gotischen Dom.

Naumburg

Weimar

Leipzig

Die (Bauhaus-)Meiserhäuser in Dessau

In Dessau war Schluss. Drei Wochen nach der 2. Infiltration war immer noch keine Besserung in Sicht. So fuhr Bellazmira mit dem Zug zurück nach Zürich für weitere manuelle Behandlungen. Wir vereinbarten, dass ich einstweilen die Reise alleine fortsetzen würde. Als dann die manuelle Medizin auch keine Linderung brachte, entschied sich Bellazmira für einen operativen Eingriff. Bis zur Operation und während ich noch unterwegs war, war sie bei Elfi und Walter in Luzern bestens aufgehoben.

 

Ich setzte nun meine Reise alleine fort, immer bereit, sofort nach Zürich zu fahren, sobald der Operationstermin feststünde. Meine nächste Station war Berlin. Diese eigentlich interessante Stadt konnte ich aber nicht richtig geniessen. Dies lag einerseits daran, dass ich lieber mit Bellazmira unterwegs gewesen wäre, anderseits habe ich mir auch im Quartier für meine Unterkunft vergriffen. Ich dachte, in Berlin-Mitte sei ich schön in der Mitte und dadurch schnell in Prenzlauer Berg, Charlottenburg oder Kreuzberg etc. Diese «Mitte» ist aber vor allem am Abend ein ödes, langweiliges Quartier und dazu war meine Unterkunft auch noch recht weit von der nächsten U-Bahnstation entfernt. Ich empfand Berlin aber auch nicht mehr so bunt, lebendig und spannend wie bei meinen letzten Besuchen, der letzte war vor ca. 8 Jahren. Dann kam noch nasskaltes Wetter dazu, so dass ich gerne nach Polen weiter zog. 

 

 

 

 

 

Durch einen Streik der Deutschen Bahn musste ich auf den Bus umsteigen, was aber problemlos möglich war. Es wollten offensichtlich nicht so viele Leute weg von Berlin nach Szczecin (Stettin), meinem nächsten Reiseziel, über das es aber nicht viel zu berichten gibt.

Auf der langen Bahnfahrt von Szezin nach Gdansk versuchte ich meinen polnischen Mitreisenden ins Gespräch zu kommen, was mit einer Ausnahme auf Englisch sehr gut gelang. Es war interessant, verschiedene Meinungen zur Regierung, zum Westen oder zur Zukunft des Landes zu hören, die teilweise auch meinen Vorurteilen widersprachen. So erwartet man von einer Mitdreissigerin, Akademikerin, modern gekleidet nicht eine Verteidungsrede der polnischen Regierung in gepflegtem Englisch.

 

 

 

 

Gdansk (Danzig), die Hafenstadt an der Ostsee hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Im Mittelalter unter der Herrschaft des polnischen Königs, aber mit beträchtlichen Sonderrechten, welche 1793 durch die Übernahme Danzig durch Preussen verloren gingen. 15 Jahre später marschierten französische Revolutionstruppen ein, aber schon zwei Jahre danach wurde die Stadt wieder preussisch.

 

 

Mitte 18.Jh. Erlebte Gdansk einen starken wirtschaftlichen Aufschwung und wurde unter anderem zu einem Zentrum des Schiffsbaus. In den Danziger Werften entstand später die Gewerkschaftsbewegung Solidarnoc, die wesentlich zum Sturz des kommunistischen Regimes beitrug.

 

Nach dem ersten Weltkrieg wurde Danzig im Versailler Vertrag von Deutschland abgetrennt und wurde bis zur Annexion Polens durch Hitlerdeutschlands zu einem freien Stadtstaat.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1942 kam es zu den ersten schweren Luftangriffen der Briten und am Ende des zweiten Weltkriegs war die Stadt grösstenteils zerstört. Die deutsche Bevölkerung floh oder wurde vertrieben.

Foto: abgelichtet im Museum des 2. Weltkriegs, Gdansk

Noch unter sowjetischer Besatzung wurde beschlossen, den inneren Teil der Stadt in historischer Form wieder herzustellen, aber an die neuzeitlichen Lebensgewohnheiten anzupassen.

Imponiert hat mir in Gdansk vor allem das Stadtbild, die vielen wieder aufgebauten Gebäude. Original ist zwar kaum mehr etwas, aber die Wiederherstellung erfolgte – soweit ich das beurteilen kann – originalgetreu. Der Stadtkern wirkt nicht museal, sondern lebendig und die renovierten Häuser sind bewohnt, überwiegend von Einwohner-/innen der Stadt und nicht von Tourist-/innen über airbnb und booking.com. Sehr sehenswert fand ich das moderne, sehr grosse und gut besuchte Museum über den 2. Weltkrieg.

 

 

 

 

 

Weiter ging es mit der Eisenbahn Richtung Süden, in die mittelalterliche Stadt Torun, welche als einer der schönsten Städte Polens gilt. Sie wurde als eine der wenigen Städte im 2. Weltkrieg verschont und musste daher auch nicht wie Gdansk aufwändig wieder aufgebaut werden.

 

 

 

 

 

 

 

Die letzte Station meiner Reise war dann Warschau, wo ich nur eine Nacht blieb...,

 

 

 

 

 

...und am nächsten Morgen den ersten Flug nach Zürich nahm, denn Bellazmira hatte nun endlich einen Termin für ihre Operation.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0